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Eine Frau hält ihr Baby im Arm während es eine Impfung bekommt.

Wie Impfungen Leben retten

Kinderkrankheiten ausmerzen

Menschen für Menschen unterstützt die Bestrebungen, insbesondere Kindern den Zugang zu Impfstoffen zu ermöglichen. Denn im Notfall retten diese Leben.
Mutter hält Baby, während es eine Impfung bekommt.
Tapfer und geschützt: Keine einzige Träne floss, als die kleine Fenet ihre Masern-Impfung im Gesundheitszentrum von Kachisi erhielt.
Gut zwei Stunden dauert es, um zu Fuß vom Dörfchen Gago Bite im Tiefland der Region Abune Ginde Beret auf das Hochplateau zu gelangen. Nochmal eine Stunde Fußmarsch ist notwendig, um das Gesundheitszentrum in Bake Kelate, der Hauptstadt der Region, zu erreichen. Der Weg führt über Felder und durch Bachläufe – besonders in der Regenzeit ein mühsames Unterfangen. Wer glaubt, Gago Bite mit einem Geländewagen schneller erreichen zu können, der täuscht sich: Die Zufahrt ist nur über einen weiten Umweg möglich – und das auch nur, weil vor wenigen Jahren ein Weg geschaffen wurde, den Geländewägen oder besonders gekonnte Motorradfahrer bestreiten können. So abenteuerlich der Weg anmutet, so wichtig ist er für die BewohnerInnen von Gago Bite.
Rund ein Dutzend Mütter hat es sich im Schatten vor der Gesundheitsstation des Dorfes gemütlich gemacht und wartet geduldig auf die zuständige Mitarbeiterin der örtlichen Gesundheitsbehörde. „Mein Sohn wird heute das dritte Mal geimpft“, erzählt Adilu, während sie den 16 Monate alten Dagne auf ihren Knien balanciert. Von den Vorteilen der Impfungen für ihre Kinder hat die 30‑Jährige auch in den Aufklärungskursen von Menschen für Menschen erfahren. „Wir haben aber auch gelernt, wie wichtig es ist, auf gute Hygiene zu achten – Zuhause haben wir schon eine Latrine gebaut. Nur dass wir noch kein sauberes Wasser haben, macht uns zu schaffen. Mein Fünfjähriger ist deshalb auch gerade krank“, erzählt Adilu von den Schwierigkeiten, die sie und andere Mütter in dieser so abgelegenen Region tagtäglich begleiten.
Ein Mann mit Spritze
Die Menschen in den ländlichen Gebieten Äthiopiens nehmen häufig weite Wege auf sich, um Impfungen und andere medizinische Behandlungen zu erhalten.

Rar und begehrt

Da sind Impfmöglichkeiten für die Kleinsten sehr willkommen, und als die Gesundheitsmitarbeiterin eintrifft, geht es auch recht rasch und innerhalb kürzester Zeit sind fünf Babys gegen gefährliche Krankheiten geimpft. Aber für rund die Hälfte der Mütter waren der Weg und die Wartezeit umsonst – der Impfstoff reicht heute nicht für alle. Die Enttäuschung ist verständlicherweise groß. „Die Gesundheitsmitarbeiterin hat heute nicht mehr Impfstoff mitgebracht“, übersetzt Projektleiter Berhanu Bedassa die Erklärungsversuche der jungen Frau, die nun die Mütter auf einen anderen Tag vertrösten muss.
Impfstoffe
Die Verteilung von Impfstoffen stellt die Gesundheitsbehörden Äthiopiens oft vor große Herausforderungen. Manche Impfstoffe – zum Beispiel gegen Masern – müssen durchgehend gekühlt werden, um ihre Wirksamkeit zu behalten.

Kühlkettenproblem

Es ist ein Problem, das in vielen abgelegenen Regionen Äthiopiens vorkommt – denn die Gesundheitsstationen sind wie hier in Gago Bite oft nur schlichte Hütten aus Lehm. Meist nicht mal mit dem Nötigsten ausgestattet, ist eine fachgerechte Lagerung von Medikamenten oder Impfstoffen nicht mal anzudenken. „Deshalb haben wir es uns auch zur Aufgabe gemacht, solche Gesundheitsstationen mit Solarkühlschränken auszustatten“, erklärt Berhanu Bedassa. Denn viele Impfstoffe dürfen nur bei niedrigen Temperaturen transportiert und gelagert werden. Wird die Kühlkette unterbrochen, verlieren die Impfstoffe an Wirksamkeit. „Aber es geht nicht nur um die Ausstattung mit Kühlgeräten, die Gesundheitsmitarbeiter und Gesundheitsmitarbeiterinnen der Behörden werden auch in den verschiedensten Bereichen geschult – dazu gehört auch die fachgerechte Handhabung der Medikamente.“
Eine Frau steht vor einer Solarkühltruhe.
Menschen für Menschen installiert unter anderem Solarkühlschränke, die auch in den entlegenen Gesundheitsposten die fachgerechte Lagerung von Medikamenten und Impfstoffen gewährleisten.
Die Mütter von Gago Bite sind zwar enttäuscht, dass sie unverrichteter Dinge den Heimweg antreten müssen, aber immerhin können sie in den nächsten Tagen wiederkommen und erhalten die begehrten Impfungen für ihre Kinder. Die Alternative wäre, mit ihren Babys am Rücken den weiten Weg in die Bezirkshauptstadt anzutreten. „Es ist wichtig, dass die Familien auch in den Dörfern eine grundlegende medizinische Vorsorge und Versorgung bekommen“, erklärt Berhanu. Die einfachen Gesundheitsstationen würden am Land nun mal den Arzt bzw. die Ärztin ersetzen und im Notfall Leben retten. Das einzige Krankenhaus für rund 300.000 Menschen liegt zudem noch weiter entfernt in der Hauptstadt der Nachbarregion Ginde Beret.

1 Krankenhaus , 300.000 Menschen

Ginde Berets Hauptstadt Kachisi hat sich in den letzten Jahren gemausert – für viele Jugendliche in den abgelegenen Dörfern ist sie sogar zum Sehnsuchtsort geworden: Hier gibt es Elektrizität, Busse fahren täglich aus dem Tal hinaus in die weite Welt und am Straßenrand stehen da und dort Tischfußballtische, an denen man sich die Zeit vertreiben kann. Vor allem aber schließt das Krankenhaus in Kachisi eine wichtige Lücke und seit Menschen für Menschen die Ausstattung mit Brutkästen ermöglicht hat, können auch Frühchen professionell behandelt werden. Eine lebensrettende Maßnahme für die Kleinsten in einer Region, wo Mangelernährung und bakterielle Infektionen aufgrund von verschmutztem Trinkwasser nach wie vor große Gesundheitsrisiken darstellen.

Nicht weit entfernt vom Krankenhaus in Kachisi wurde vor fünf Jahren ein Gesundheitszentrum errichtet, das Familien der umliegenden Dörfer medizinische Versorgung bietet. Zahlreiche Frauen haben sich auch hier an einem Jännermorgen zusammengefunden, um ihre Kleinen gegen sogenannte „Kinderkrankheiten“ impfen zu lassen. So auch die 25‑jährige Tsehay, die ihre Tochter Fenet gegen Masern impfen lässt. „Ich bin froh, dass ich diese Möglichkeit habe. So sind meine Kinder gegen gefährliche Krankheiten geschützt.“

Kein Kinderspiel

Gerade die Masern werden in Europa immer öfter als „Kinderkrankheit“ abgetan. Dabei tragen Krankheiten wie Masern, Mumps oder Keuchhusten diesen verniedlichenden Namen nicht etwa, weil sie so harmlos sind, sondern weil vor allem Kinder davon betroffen sind und im schlimmsten Fall daran sterben. Die Weltgesundheitsorganisation verzeichnete in den letzten Jahren einen drastischen Anstieg an Todesfällen aufgrund von Masern, mit weltweit 140.000 Toten im Jahr 2019. Insbesondere Kinder unter 5 Jahren waren als Opfer zu beklagen. Die hoch ansteckende Viruserkrankung führt zu schwerwiegenden Komplikationen wie Hirnhautentzündung und kann vor allem für mangelernährte Kinder langwierige Folgen wie Erblindung mit sich tragen.
In Äthiopien sind aktuell nur 41% der Kinder ausreichend gegen Masern immunisiert. Doch die Gesundheitsbehörden haben sich den Kampf gegen die gefährliche Viruserkrankung vorgenommen und verfolgen das von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Impfprogramm „Expanded Programme of Immunization“ (EPI).

Auch Menschen für Menschen unterstützt die Bestrebungen, insbesondere Kindern den Zugang zu lebensrettenden Impfstoffen zu ermöglichen. So konnte zum Beispiel in der Projektregion Ginde Beret der Anteil der Kinder, die durch lebensrettende Impfungen gegen bspw. Masern, Polio oder Meningitis geschützt sind, drastisch gesteigert werden ‑ von 67% im Jahr 2010 auf 94% im Jahr 2018. Diesen Zuspruch bemerkt man auch im Gesundheitszentrum, wo mittlerweile die nächste Mutter Platz genommen hat und ihr Baby sanft in den Armen wiegt.
Eine Frau hält ihr Baby im Arm während es eine Impfung bekommt.
Der kleine Milki erhält gleich vielfachen Schutz und wird unter anderem gegen Keuchhusten, Tuberkulose und Kinderlähmung geimpft.

Sag’, wie hast du’s mit der Impfung?

Welchen Vorteil die Impfungen haben, kann die 23‑jährige Adanu schnell beantworten: „Unsere Kinder sind dadurch vor diesen Krankheiten geschützt.“ So einfach erklärt die junge Mutter ihre Beweggründe, um ihren kleinen Sohn Milki heute unter anderem gegen Diphterie, Keuchhusten und Poliomyelitis impfen zu lassen. Poliomyelitis, auch Kinderlähmung genannt, ist vielen Menschen in Europa noch ein Begriff. Denn die Krankheit verbreitete bis zur Entwicklung eines Impfstoffes in den Fünfzigerjahren auch hierzulande noch Angst und Schrecken und vor allem ältere MitbürgerInnen können sich noch gut an Kinder in „Eisernen Lungen“ und auf Krücken erinnern, auf die sie aufgrund von Deformierungen der Beine angewiesen waren. Schicksale, die man jedem Kind ersparen möchte.

Nicht nur die Kinder, auch Mütter wie Adanu und Tsehay profitieren von der Unterstützung des nationalen Impfprogramms durch Menschen für Menschen – allein in den ersten acht Projektjahren wurden beispielsweise in der Projektregion Ginde Beret 90.000 Frauen gegen Tetanus immunisiert ‑ ein wichtiger Schutz, nicht nur für die (werdenden) Mütter, sondern auch für Neugeborene. Denn die neonatale Form des Tetanus ist in Ländern wie Äthiopien leider noch für viele Säuglingssterbefälle verantwortlich. Impfungen retten Leben – wie selbstverständlich wir sie in Europa zuweilen betrachten, wird vielen Menschen erst jetzt bewusst. Und sie können sich zum ersten Mal vorstellen, wie es wäre, keinen Zugang zu medizinischer Versorgung zu haben. So wie die Frauen in Gago Bite.

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Cover des Nagaya Magazins 1/2024 zeigt zwei äthiopische Frauen. Eine im Vordergrund, die Zwiebeln schneidet und eine im Hintergrund mit einem Baby im Arm, die vor einer traditionellen Feuerstelle steht

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