
Stefanie erzählt
Sustainable Development Goals - Eine gemeinsame Sprache für globale Herausforderungen


Können Sie kurz die Hintergründe zur Entstehung der „Sustainable Development Goals“ – der Nachhaltigen Entwicklungsziele – erläutern?
Stefanie Weniger: Die Nachhaltigen Entwicklungsziele wurden 2015 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen erlassen. In 17 Zielen und 169 Unterzielen reflektieren sie die drängendsten Herausforderungen unserer Zeit auf ökologischer, sozialer und ökonomischer Ebene. Das Besondere ist, dass die Nachhaltigen Entwicklungsziele von allen 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen beschlossen wurden und alle Länder dieser Erde adressieren. Außerdem sind sie untereinander verwoben und so kann ein Ziel einen Dominoeffekt auslösen und die Erreichung anderer Ziele sowohl positiv als auch negativ beeinflussen.
Haben Sie ein konkretes Beispiel, inwiefern die einzelnen Entwicklungsziele miteinander in Verbindung stehen?
Ein Beispiel, das die Wirkung eines Dominoeffekts gut aufzeigt, ist die Corona-Pandemie. Viele Krankheiten sind heute auf umweltbedingte Risiken (wie z.B. Biodiversitätsverlust) zurückzuführen (SDG 15). Das trifft auch auf die Übertragung des Coronavirus zu (SDG 3). Die Pandemie wiederum hat massive Auswirkungen auf die Gleichstellung der Geschlechter (SDG 5), da Frauen von den Folgen der Pandemie ungleich schwerer betroffen sind, was weitergehend auf das Ziel der Armutsbekämpfung (SDG 1) wirkt.
Wie lassen sich diese Zusammenhänge für eine positive Entwicklung nutzen?
Wir begleiten Unternehmen in dem Prozess, die Entwicklungsziele in ihr Kerngeschäft zu integrieren. Wenn ein Unternehmen dies konsequent verfolgt und beispielsweise Arbeitnehmer:innen entlang der Lieferketten unterstützt (SDG 8), wirkt sich das auf die Lebensumstände dieser Familien aus (SDG 2). Die Familien können ihren Kindern Bildung ermöglichen (SDG 4) oder selbst die Wirtschaft ankurbeln. Unternehmen in Österreich können also mit ihrem Handeln einen positiven Dominoeffekt entlang ihrer Wertschöpfungskette auslösen.
Welche Rolle kommt Unternehmen bei der Erreichung der Nachhaltigen Entwicklungsziele generell zu?
Unternehmen sind wichtige Akteur:innen zur Erreichung der Ziele. Wichtig ist, dass Unternehmen vermittelt wird, wie sie mit ihrem Tun dazu beitragen können, die Ziele voranzutreiben, aber auch, dass die Ziele und ihre Umsetzung den Unternehmen zu wirtschaftlichem Erfolg verhelfen. Die Entwicklungsziele können für Unternehmen auch als Checkliste dienen, um zu prüfen in welchen Bereichen positive Wirkungen verstärkt oder negative reduziert werden können.
Welchen künftigen Herausforderungen können Unternehmen mithilfe der Entwicklungsziele entgegentreten?
Die Entwicklungsziele geben vor, was wir als globale Gemeinschaft bis 2030 erreichen wollen. Sie zeigen auf, wie durch zukunftsweisende Lösungen zum Beispiel neue Marktsegmente erschlossen werden können. Die Ziele helfen dabei, Übergangsrisiken zu minimieren. Dazu zählen politische und rechtliche Risiken, wie sich gegenwärtig an der Zunahme an EU-Richtlinien im Bereich des Nachhaltigen Wirtschaftens zeigt. Wenn sich ein Unternehmen schon heute systematisch mit der Erreichung der Entwicklungsziele auseinandersetzt, wird es langfristig im Risikomanagement einen Wettbewerbsvorteil erlangen.
Werden die Entwicklungsziele und ihre Bedeutung in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen?
Als Multi-Stakeholder Netzwerk ist es unsere Aufgabe, sozusagen „Übersetzungsarbeit“ zu leisten, um Unternehmen den Zugang zu den Entwicklungszielen und ihrer Umsetzung zu erleichtern. Primär wurden die Ziele für Politik und Regierungen geschaffen. Ich denke, dass der Schlüssel der Bewusstseinsarbeit in der Bildung liegt und die Ziele schon in der Schule spielerisch vermittelt werden sollten. Ich sehe hier auch Medien in der Pflicht, ihrer Aufgabe als Wissensvermittler nachzukommen und die Politiker:innen in der Verantwortung, als SDG-Botschafter:innen zu agieren. Denn das Großartige an den Entwicklungszielen ist, dass sie uns eine gemeinsame Sprache geben, um über globale Herausforderungen zu reden.
Wie unterscheiden sich die Herausforderung zur Erreichung der Ziele beispielsweise im Vergleich zwischen Ländern wie Österreich und Äthiopien?
Prinzipiell haben die Ziele eine universelle Gültigkeit und sind für alle Länder gleich. Natürlich findet eine unterschiedliche Priorisierung statt. Die große Herausforderung besteht für uns darin, uns unserer globalen Verantwortung bewusst zu werden und dementsprechend zu agieren. Das zeigt auch der aktuelle Sustainable Development Goals Report 2022. Im allgemeinen Ranking liegt hier Österreich auf Platz 5 von 163 – Äthiopien auf Platz 128. Beim sogenannten „Spill Over Index“ ist genau das Gegenteil der Fall. Dieser bewertet die Übertragungseffekte auf andere Länder. Hier spielen Wertschöpfungsketten eine große Rolle, also zum Beispiel welche sozioökonomische Wirkung unser Konsum in anderen Ländern erzeugt. In diesem Index liegt Äthiopien auf Platz 21, Österreich auf 151. Wir müssen aufhören, hier Verantwortung in Grenzen zu denken.
Die Nachhaltigen Entwicklungsziele traten mit 1. Jänner 2016 in Kraft und sollten bis 2030 erreicht werden – welche Zwischenbilanz würden Sie aktuell ziehen?
Seit 2015 wurden weltweit große Fortschritte erzielt, zum Beispiel im Bereich der Armutsbekämpfung. In den vergangenen zwei Jahren stagnierte diese Entwicklung allerdings. Die Vielzahl an Krisen der letzten Zeit führte in Ländern mit niedrigem Einkommen sogar zu einer Umkehr der Fortschritte. Ich sehe das derzeit als eine der größten Herausforderungen für uns als Weltgemeinschaft: Dass wir Rückschritte in der langfristigen Arbeit vermeiden, auch wenn es gilt, kurzfristig auf Krisen reagieren zu müssen.
Gibt es ein Nachhaltiges Entwicklungsziel, das Ihnen besonders am Herzen liegt?
Die Gleichstellung der Geschlechter empfinde ich als ein bedeutendes Ziel, insbesondere weil Fortschritte in diesem Bereich einen großen Dominoeffekt auslösen und sich auf viele andere der Nachhaltigen Entwicklungsziele auswirken. Frauen stellen immerhin die Hälfte der Weltbevölkerung. Wenn sie beispielsweise ausreichend Bildung erhalten, hat das auch Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum, den Klimaschutz und die Bekämpfung der Armut.
Das Interview führte Martina Hollauf vom Menschen für Menschen-Team in Wien.
Stefanie Weniger: Die Nachhaltigen Entwicklungsziele wurden 2015 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen erlassen. In 17 Zielen und 169 Unterzielen reflektieren sie die drängendsten Herausforderungen unserer Zeit auf ökologischer, sozialer und ökonomischer Ebene. Das Besondere ist, dass die Nachhaltigen Entwicklungsziele von allen 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen beschlossen wurden und alle Länder dieser Erde adressieren. Außerdem sind sie untereinander verwoben und so kann ein Ziel einen Dominoeffekt auslösen und die Erreichung anderer Ziele sowohl positiv als auch negativ beeinflussen.
Haben Sie ein konkretes Beispiel, inwiefern die einzelnen Entwicklungsziele miteinander in Verbindung stehen?
Ein Beispiel, das die Wirkung eines Dominoeffekts gut aufzeigt, ist die Corona-Pandemie. Viele Krankheiten sind heute auf umweltbedingte Risiken (wie z.B. Biodiversitätsverlust) zurückzuführen (SDG 15). Das trifft auch auf die Übertragung des Coronavirus zu (SDG 3). Die Pandemie wiederum hat massive Auswirkungen auf die Gleichstellung der Geschlechter (SDG 5), da Frauen von den Folgen der Pandemie ungleich schwerer betroffen sind, was weitergehend auf das Ziel der Armutsbekämpfung (SDG 1) wirkt.
Wie lassen sich diese Zusammenhänge für eine positive Entwicklung nutzen?
Wir begleiten Unternehmen in dem Prozess, die Entwicklungsziele in ihr Kerngeschäft zu integrieren. Wenn ein Unternehmen dies konsequent verfolgt und beispielsweise Arbeitnehmer:innen entlang der Lieferketten unterstützt (SDG 8), wirkt sich das auf die Lebensumstände dieser Familien aus (SDG 2). Die Familien können ihren Kindern Bildung ermöglichen (SDG 4) oder selbst die Wirtschaft ankurbeln. Unternehmen in Österreich können also mit ihrem Handeln einen positiven Dominoeffekt entlang ihrer Wertschöpfungskette auslösen.
Welche Rolle kommt Unternehmen bei der Erreichung der Nachhaltigen Entwicklungsziele generell zu?
Unternehmen sind wichtige Akteur:innen zur Erreichung der Ziele. Wichtig ist, dass Unternehmen vermittelt wird, wie sie mit ihrem Tun dazu beitragen können, die Ziele voranzutreiben, aber auch, dass die Ziele und ihre Umsetzung den Unternehmen zu wirtschaftlichem Erfolg verhelfen. Die Entwicklungsziele können für Unternehmen auch als Checkliste dienen, um zu prüfen in welchen Bereichen positive Wirkungen verstärkt oder negative reduziert werden können.
Welchen künftigen Herausforderungen können Unternehmen mithilfe der Entwicklungsziele entgegentreten?
Die Entwicklungsziele geben vor, was wir als globale Gemeinschaft bis 2030 erreichen wollen. Sie zeigen auf, wie durch zukunftsweisende Lösungen zum Beispiel neue Marktsegmente erschlossen werden können. Die Ziele helfen dabei, Übergangsrisiken zu minimieren. Dazu zählen politische und rechtliche Risiken, wie sich gegenwärtig an der Zunahme an EU-Richtlinien im Bereich des Nachhaltigen Wirtschaftens zeigt. Wenn sich ein Unternehmen schon heute systematisch mit der Erreichung der Entwicklungsziele auseinandersetzt, wird es langfristig im Risikomanagement einen Wettbewerbsvorteil erlangen.
Werden die Entwicklungsziele und ihre Bedeutung in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen?
Als Multi-Stakeholder Netzwerk ist es unsere Aufgabe, sozusagen „Übersetzungsarbeit“ zu leisten, um Unternehmen den Zugang zu den Entwicklungszielen und ihrer Umsetzung zu erleichtern. Primär wurden die Ziele für Politik und Regierungen geschaffen. Ich denke, dass der Schlüssel der Bewusstseinsarbeit in der Bildung liegt und die Ziele schon in der Schule spielerisch vermittelt werden sollten. Ich sehe hier auch Medien in der Pflicht, ihrer Aufgabe als Wissensvermittler nachzukommen und die Politiker:innen in der Verantwortung, als SDG-Botschafter:innen zu agieren. Denn das Großartige an den Entwicklungszielen ist, dass sie uns eine gemeinsame Sprache geben, um über globale Herausforderungen zu reden.
Wie unterscheiden sich die Herausforderung zur Erreichung der Ziele beispielsweise im Vergleich zwischen Ländern wie Österreich und Äthiopien?
Prinzipiell haben die Ziele eine universelle Gültigkeit und sind für alle Länder gleich. Natürlich findet eine unterschiedliche Priorisierung statt. Die große Herausforderung besteht für uns darin, uns unserer globalen Verantwortung bewusst zu werden und dementsprechend zu agieren. Das zeigt auch der aktuelle Sustainable Development Goals Report 2022. Im allgemeinen Ranking liegt hier Österreich auf Platz 5 von 163 – Äthiopien auf Platz 128. Beim sogenannten „Spill Over Index“ ist genau das Gegenteil der Fall. Dieser bewertet die Übertragungseffekte auf andere Länder. Hier spielen Wertschöpfungsketten eine große Rolle, also zum Beispiel welche sozioökonomische Wirkung unser Konsum in anderen Ländern erzeugt. In diesem Index liegt Äthiopien auf Platz 21, Österreich auf 151. Wir müssen aufhören, hier Verantwortung in Grenzen zu denken.
Die Nachhaltigen Entwicklungsziele traten mit 1. Jänner 2016 in Kraft und sollten bis 2030 erreicht werden – welche Zwischenbilanz würden Sie aktuell ziehen?
Seit 2015 wurden weltweit große Fortschritte erzielt, zum Beispiel im Bereich der Armutsbekämpfung. In den vergangenen zwei Jahren stagnierte diese Entwicklung allerdings. Die Vielzahl an Krisen der letzten Zeit führte in Ländern mit niedrigem Einkommen sogar zu einer Umkehr der Fortschritte. Ich sehe das derzeit als eine der größten Herausforderungen für uns als Weltgemeinschaft: Dass wir Rückschritte in der langfristigen Arbeit vermeiden, auch wenn es gilt, kurzfristig auf Krisen reagieren zu müssen.
Gibt es ein Nachhaltiges Entwicklungsziel, das Ihnen besonders am Herzen liegt?
Die Gleichstellung der Geschlechter empfinde ich als ein bedeutendes Ziel, insbesondere weil Fortschritte in diesem Bereich einen großen Dominoeffekt auslösen und sich auf viele andere der Nachhaltigen Entwicklungsziele auswirken. Frauen stellen immerhin die Hälfte der Weltbevölkerung. Wenn sie beispielsweise ausreichend Bildung erhalten, hat das auch Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum, den Klimaschutz und die Bekämpfung der Armut.
Das Interview führte Martina Hollauf vom Menschen für Menschen-Team in Wien.


Zur Person:
Stefanie Weniger ist Leiterin des Global Compact Network Austria, das unter anderem Unternehmen bei der Erreichung der Sustainable Development Goals unterstützt. Das Netzwerk verfolgt dabei die 10 universellen Prinzipien des UN Global Compact in den Bereichen Arbeitsnormen, Menschenrechte, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung. Das Global Compact Network Austria wird von respACT – austrian business council for sustainable development gehostet.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.globalcompact.at
Informationen zu den 17 Nachhaltigen Entwicklungszielen finden Sie unter: https://sdgs.un.org
Weitere Informationen finden Sie unter: www.globalcompact.at
Informationen zu den 17 Nachhaltigen Entwicklungszielen finden Sie unter: https://sdgs.un.org

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