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Eine Frau und ein junger Mann ernten Melonen.

Von Vorbildern lernen

Den Geduldigen gehört die Welt

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Wer selbst schon mal Gemüse oder Obst angebaut hat, versteht, wie viel Wissen, Einsatz und auch Fingerspitzengefühl für eine erfolgreiche Ernte notwendig sind. Pflege und Wachstum der Pflanzen benötigen aber auch viel Zeit und vor allem Geduld, die am Ende reich belohnt sein will.
Bauer Damtaw aus Ginde Beret
Wie viel Geduld und Arbeitskraft einem der Anbau von Obst und Gemüse abverlangt, hat auch Bauer Damtaw über die Jahre erfahren. Damtaw lebt mit seiner Familie im Tiefland von Ginde Beret, seit nunmehr zehn Jahren Projektregion von Menschen für Menschen. „Aussäen, jäten, bewässern und die Pflege der Pflanzen: das alles benötigt viel Zeit, aber es lohnt sich“, erzählt Damtaw einem guten Dutzend interessierter Bauern, die aus der Projektregion Jeldu angereist sind. Die Zuhörer sind zu Besuch auf Damtaws Hof, der nur zu gerne seinen Erfahrungsschatz teilt. „Gemüse und Obst anzubauen, ist viel besser als nur Mais oder Getreide“, beantwortet Damtaw recht unmissverständlich die Frage eines Besuchers, wie viel Ernte er denn früher eingefahren hätte. „Als ich ausschließlich Mais angebaut habe, lag meine Ernte vielleicht bei 300, 400 Kilo im Jahr“, schildert Damtaw die damalige Situation seiner Familie. Mit dem Verkauf dieser Ernte hätte er maximal 5.000 Birr verdient (rd. 100 Euro; zum Vergleich: 1 Kilo grüne Kaffeebohnen kosten in der Region rund 100 Birr). Und dann hätte seine Familie noch nichts davon gegessen.
Eine Familie steht in einem grünen Feld und hält Obst und Gemüse in den Händen-
Damtaw und seine Familie schätzen sich heute glücklich: Dank Kursen und Saatgut finden sie auch in schwierigen Zeiten ein gutes Auskommen – direkt aus dem Garten.

Klug und effizient nutzen

„In der letzten Erntesaison habe ich allein durch den Anbau der Tomaten und der Zwiebeln etwa 20.000, 30.000 Birr verdient.“ Auf derselben Anbaufläche, wohlgemerkt, die wie bei vielen Familien im ländlichen Äthiopien winzig ausfällt. Nicht mal einen Hektar Land hat er um seine Hütte herum zur Verfügung. Heute jedoch nutzt Damtaw die Fläche effizienter, was er in verschiedenen Kursen von Menschen für Menschen gelernt hat: „Ich habe unterschiedliche
Maßnahmen kennengelernt, wie ich die Böden möglichst gut schütze und eine gute Ernte erziele – zum Beispiel durch den Anbau des Gemüses in Reihen und durch gezielte Bewässerung. Ich habe auch Kurse für den Apfelanbau besucht“, erzählt Damtaw von seinen bisherigen Anstrengungen, das Leben seiner Familie zu verbessern. Heute erntet Damtaw regelmäßig Papayas, Tomaten, Zwiebeln, Karotten, aber auch schon seinen eigenen Kaffee. „Die Sträucher brauchen etwa drei Jahre, bis sie die ersten Beeren tragen.“
Eine Frau trocknet Kaffeebeeren auf einem großen Tuch.
Damtaws Frau Abaze kümmert sich auch um die Verarbeitung der Ernte – wie zum Beispiel das Trocknen der Kaffeebeeren, bis das Fruchtfleisch entfernt werden kann und die grünen Bohnen zum Röstern oder Verkaufen übrig bleiben.

Vom Skeptiker zum Vorbild

Dass Damtaw heute als Vorbild zu seinen Besuchern spricht, war nicht von Beginn an sicher. Denn der heute so erfolgreiche Bauer musste erst überzeugt werden: „Als Alemu – er ist von Menschen für Menschen und unterstützt uns bei der Umsetzung der Maßnahmen – mich eingeladen hat, die neuen Sorten und Anbaumethoden auszuprobieren, war ich zunächst skeptisch“, gibt Damtaw offen zu. Das Risiko eines kompletten Ernteausfalls kann sich in der Region niemand wirklich leisten. „Aber ich habe es versucht und nie bereut. Die erste Ernte und das gute Einkommen haben mich sogar beflügelt, noch mehr auszuprobieren.“

Tsagaye, einer der Besucher aus Jeldu, ist zu diesem Zeitpunkt schon einen Schritt weiter. Er muss nicht mehr groß überzeugt werden und hat auf seinem Hof bereits Apfelbäumchen gepflanzt. Während die Ernte noch auf sich warten lässt, ist er mit seinen Kollegen nach Ginde Beret gereist, um sich Tipps von den erfahrenen Bauern und Bäuerinnen zu holen und den einen oder anderen Trick abzuschauen.
Eine Frau steht vor einem blühenden Apfelbaum.
Die Äpfel stehen in voller Blüte und sinnbildlich dafür, wie wohl sich die Obstbäumchen bei Kanani fühlen. Dazwischen hat sie Vetivergras gepflanzt, dessen Wurzeln den Boden festigen.

Schattiges Paradies

Besonders beeindruckt zeigen sich Tsagaye und seine Kollegen von dem kleinen Paradies, das die Witwe Kanani auf ihrem Hof geschaffen hat. Durch ein schattiges Dickicht führt sie ihre Besucherinnen und Besucher, macht alle paar Meter Halt, um zu erklären, welche Pflanze hier gedeiht. Kanani betreibt auf ihrem kleinen Hof im Hochland von
Ginde Beret sogenannte „Agroforstwirtschaft“. Das bedeutet, dass sie verschiedenste Bäume auf ihrem Hof gepflanzt hat, zwischen denen Obstbäume und Kaffeesträucher wachsen. Vor allem letztere mögen den Schatten besonders, den die Bäumchen rund herum spenden. Zudem wirkt das Laub wie ein natürlicher Dünger. „Über die Jahre hat sich die
Fruchtbarkeit des Bodens sehr verbessert“, berichtet Kanani, „und durch die Wurzeln der Bäume konnte ich sogar die Erosion durch die Wassermassen der Regenzeit aufhalten.“

Gräben schließen

Die fortschreitende Erosion der Böden stellt in Äthiopien viele Kleinstbauern und -bäuerinnen wie Kanani vor immense Herausforderungen. Nicht nur, dass die Erde zunehmend unfruchtbarer wird, die Erosion führt auch dazu, dass den Familien im wahrsten Sinne die Lebensgrundlage unter den Füßen wegbricht. Vielerorts reißen riesige Gräben auf, die ganze Landstriche verschlucken. Land, das damit fast unwiederbringlich verloren ist. „Tut sich auf einem Feld ein Erosionsgraben auf, muss dieser sofort behandelt werden“, erklärt Abayneh Aleme, der in den Projektregionen Ginde Beret und Abune Ginde Beret als Leiter für die Landwirtschaftsprojekte verantwortlich ist. „Die Behandlung  solcher Gräben kann aber nur mit Zutun der Bevölkerung geschehen. Sie hilft mit bei der Einzäunung des betroffenen Gebiets, beim Wiederbepflanzen oder bei der Füllung und dem Einsetzen der Steinkörbe.“ Diese sogenannten Gabione sind einfache Drahtkörbe, die unter Anleitung eines Fachmanns von Menschen für Menschen mit Steinen gefüllt werden und so in die Erosionsgraben gesetzt werden, dass neuerlich abgespülte Erde darin aufgefangen wird. „So füllt sich der Graben nach und nach, bis sich wieder dichte Vegetation ausbreiten kann“, erklärt Abayneh.
Männer stehen vor einem tiefen Erosionsgraben.
Gut ein Dutzend Bauern aus Jeldu war zum Erfahrungsaustausch in Ginde Beret. Besonders beeindruckend: dieser Erosionsgraben, der bereits mit Steinkörben gefüllt und wieder bepflanzt wurde.

Austausch zwischen Regionen

Die lange Zeit bis so ein Erosion-graben geschlossen und wieder genutzt werden kann – zum Beispiel durch das gezielte Ernten von Nutzhölzern oder Futtergras – bewirkt auch, dass manche Mitglieder der Dorfgemeinschaften solchen Maßnahmen skeptisch gegenüberstehen. Denn das eingezäunte Land kann zu-nächst nicht für den Anbau von Getreide genutzt oder Gemeindeland nicht zum Grasen für die Tiere verwendet werden. Hier ist also manchmal Überzeugungsarbeit nötig, die in den meisten Fällen von erfahrenen Bäuerinnen und Bauern selbst kommt. „Der Austausch zwischen den Gemeinden, aber auch zwischen den Regionen, ist uns ein großes Anliegen“, berichtet Berhanu Bedassa, Projektleiter in den Regionen Abune Ginde Beret, Ginde Beret und in der jüngsten Projektregion Chobi.
„Niemand kann besser über die Vorteile von Erosionsschutz berichten als die Familien, die bereits davon profitieren“, ist Berhanu überzeugt. Und der Besuch der Bauern aus Jeldu in Ginde Beret gibt ihm recht. Bei der Besichtigung eines vier Hektar großen geschlossenen Landstrichs mit einem behandelten Erosionsgraben tauschen sich die Besucher angeregt mit den Dorfbewohnern aus – Wie viele Familien sind davon betroffen? Wie funktioniert das mit der Umzäunung? Wer ist für den Schutz des Areals verantwortlich? – Es sind viele Fragen, die ausführlich diskutiert und geklärt werden wollen, aber am Ende sind alle Besucher überzeugt: „Wir müssen das Land für die nächste Generation erhalten.“

Versorgung aus dem Garten

Dieses langfristige Denken verbindet auch die wichtigen Maßnahmen, die darauf abzielen den Menschen eine gute Lebensgrundlage zu schaffen. Aber egal, ob es sich um den Anbau von Obst und Gemüse, den Aufbau und Schutz natürlicher Ressourcen durch Aufforstung oder Wiederbewaldung handelt – all das braucht seine Zeit und Geduld. Aber am Ende macht es sich bezahlt – für die Umwelt und für die Familien – wie die von Damtaw, der berichtet, wie froh er gerade jetzt über die eigene Ernte ist: „Durch die Pandemie konnten wir lange Zeit nicht regelmäßig zum Markt gehen. Außerdem sind die Preise für viele grundlegende Dinge wie Speiseöl oder Getreide empfindlich gestiegen. Da bin ich besonders erleichtert, dass wir einfach in unseren Garten gehen können und etwas fürs Abendessen ernten können.“
Damtaws Erfahrung zeigt, wie wichtig es ist, ein stabiles Fundament aufzubauen, um auch durch schwierige Zeiten zu kommen. Alles, was dazu nötig war, war etwas Mut und Unterstützung, dafür umso mehr persönlicher Einsatz und ein wenig Geduld.

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Cover des Nagaya Magazins 1/2024 zeigt zwei äthiopische Frauen. Eine im Vordergrund, die Zwiebeln schneidet und eine im Hintergrund mit einem Baby im Arm, die vor einer traditionellen Feuerstelle steht

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Eine äthiopische Frau am Markt hält ein Säckchen voll grüner Kaffeebohnen in der Hand
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Zeritu und ihre Tochter stehen vor ihrer Hütte im Hochland von Albuko.
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