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Zwei äthiopische Mädchen gießen.

Nagaya Magazin 2/2023

Hier wächst Hoffnung heran

Das NGO-Magazin zu aktuellen Themen der nachhaltigen Entwicklung

Schwerpunkte der aktuellen Ausgabe

  • Wie Bäume Leben verändern-ein Bericht aus Äthiopien
  • Die vielen Facetten des Bodenschutzes einfach erklärt
  • Im Gespräch: Bahritu Seyoum, Direktorin für Projektimplementierung

Grün ist die Farbe der Hoffnung

Äthiopien ist ein Land der Vielfalt und Kontraste mit einer abwechslungsreichen Landschaft, wo sich zahlreiche seltene Tiere tummeln. Doch der Verlust des Waldbestands bedroht Mensch und Tier. Es kommt verstärkt zu Wetterextremen, die vielfältige Tierund Pflanzenwelt verschwindet und Ernten fallen immer öfter aus. Die Gründe für die Entwaldung sind dabei genauso vielfältig wie die Maßnahmen, um ihr entgegenzuwirken.
Äthiopischer Mann mit Hut auf Aussichtsplattform auf einer begrünten Fläche mit Bäumen und Sträuchern.
Wo früher eine karge Einöde war, findet sich heute ein grünes Pflanzenmeer. Die Gemeindemitglieder haben klare Regeln, damit dies auch in Zukunft so bleibt.
„So weit das Auge reicht, war hier alles von dichtem Wald bedeckt“, Zewdu deutet mit großen Gesten Richtung Horizont, während er mit mahnender Stimme berichtet, was sich in seiner Gemeinde zugetragen hat. „Über die Jahre wurde alles abgeholzt. Jeder Regenguss schwemmte die fruchtbare Erde weiter ab, bis hier nur noch Einöde war.“ Um diese Einöde wieder in lebendiges Land zu verwandeln, wandten sich Zewdu und seine Nachbar:innen im Dorf Sombo an Menschen für Menschen. „Vor vier Jahren haben wir das Gebiet eingezäunt und mit der Aufforstung begonnen“, berichtet Zewdu von seinem Einsatz für eine grünere Zukunft in seinem Dorf. Und tatsächlich erinnert in der 25 Hektar großen Aufforstung kaum noch etwas an die einst ausgelaugte Landschaft. „Es war viel Arbeit, diese Fläche hier wieder aufzuforsten, aber mit vereinten Kräften haben wir es geschafft. Gemeinsam haben wir Bestimmungen festgelegt, an die sich alle halten müssen. Niemand darf einfach so einen Baum fällen oder Sträucher roden.“

Die Verantwortung für das Aufforstungsgebiet liegt in den Händen der Gemeinschaft und diese achtet darauf, dass die Bestimmungen eingehalten werden. Zu bedeutend sind die positiven Veränderungen im Dorf, die der neu entstandene Wald mit sich bringt: Insekten, Vögel und andere Tiere haben wieder ihren Weg zurückgefunden und künftig soll eine gefasste Quelle die Bevölkerung mit sauberem Wasser versorgen. „Ich kann den Bäumen fast beim Wachsen zusehen“, sagt Zewdu, „und der Boden hat sich so gut erholt, dass wir Futtergras für unsere Tiere schneiden können.“

Kostbarer Rohstoff Holz

Das grüne Meer, in dem Zewdu heute steht, ist in Äthiopien weitgehend verschwunden. Nur 15 Prozent der Landesfläche sind bewaldet und trotz großer Bemühungen der öffentlichen Hand geht der Waldanteil noch immer zurück. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. Holz ist insbesondere in den ländlichen Regionen ein wichtiger Rohstoff. Die Familien benötigen es für den Hausbau oder zum Kochen. Die Wälder fallen dem steigenden Bedarf an landwirtschaftlich nutzbaren Flächen zum Opfer. Denn traditionellerweise werden die Felder der Eltern unter den Kindern aufgeteilt. Je mehr Kinder, desto kleiner fallen diese urbaren Flächen aus. Um also die fortschreitende Entwaldung aufzuhalten, muss mehr geschehen, als bloß Bäume zu pflanzen.
 
An allererster Stelle stehen Aufklärung und das Schaffen von Bewusstsein über die Folgen der Entwaldung und wie die Gemeinschaft dazu beitragen kann, diese langfristig zu bekämpfen. Damit diese die Möglichkeit dazu hat, setzt Menschen für Menschen verschiedene Maßnahmen um. Der Einsatz von holzsparenden Öfen ist eine einfache Lösung, hat aber weitreichende Auswirkungen auf die Lebensqualität der Menschen, insbesondere die der Frauen.

Schutz für Wald und Gesundheit

„Ich bin jeden Tag mindestens drei Stunden unterwegs, um Feuerholz zu sammeln“, berichtet die 25-jährige Fado. Sie lebt in der Region Albuko, wo Menschen für Menschen dieses Jahr die Arbeit aufgenommen hat. „Ich brauche viel Brennmaterial, weil ich für andere Familien Injera backe (Injera ist eine Art Palatschinke aus Sauerteig und das Grundnahrungsmittel der Familien in Äthiopien). Damit versuche ich meine Familie über Wasser zu halten.“ Fado muss sich ganz allein um die Versorgung ihrer fünf Kinder kümmern. Die harte Arbeit hinterlässt sichtbare Spuren bei der jungen Frau. „Ich habe starke Rückenschmerzen und das offene Feuer verursacht viel Rauch durch den mir ständig die Augen tränen.“
Äthiopische Frau kocht auf offenem Feuer.
In unserer neuen Projektregion Albuko wird das typische Fladenbrot „Injera“ meist noch über offenem Feuer gebacken.
Durch einen holzsparenden Ofen wären bereits einige ihrer Probleme gelöst. Der Augen vor Rauch und Hitze. Zudem verbraucht er nur etwa die Hälfte des Brennmaterials. Das bedeutet einerseits, dass sich Fado viel Kraft und Zeit spart und andererseits, dass die Wald- und Strauchbestände nicht mehr in so großem Ausmaß angegriffen werden. Ein holzsparender Ofen schützt also Mensch und Umwelt.

Ein weiteres Thema ist die Schaffung von Einkommensmöglichkeiten abseits der traditionellen Landwirtschaft. Am Beispiel der holzsparenden Öfen geschieht das durch die Förderung von Kooperativen, die diese Öfen herstellen und in ihrem Bezirk vertreiben. Eine solche wurde unter anderem in der Projektregion Jeldu ins Leben gerufen. „Diese Arbeit hat unser Leben unglaublich bereichert“, berichtet Birke, die mit fünf weiteren Frauen die Kooperative gegründet hat. „Wir tragen damit zum Familieneinkommen bei. Diese Eigenständigkeit hat uns selbstbewusster gemacht.“ Kooperativen wie diese tragen also zur Stärkung der Frauen im ländlichen Äthiopien bei und wirken sich nachhaltig auf die Zukunft des Landes aus. Denn das höhere Familieneinkommen investieren die Mütter in die Ausbildung ihrer Kinder.

Obst auf dem Speiseplan

Viele Maßnahmen von Menschen für Menschen beweisen, wie kleine Impulse große Wellen der Veränderung schlagen. Dazu gehört auch die Verteilung von Saatgut und Setzlingen. So wird erreicht, dass schon nach kurzer Projektdauer nicht mehr ausschließlich Injera auf den holzsparenden Öfen gebacken wird. Auf den Tellern der Familien finden sich dann auch rote Rüben, Karotten und Kraut oder Obstsorten wie Äpfel, Avocados oder Mangos. Die Setzlinge dafür stammen aus den Baumschulen, die Menschen für Menschen in den Projektregionen aufbaut.
Äthiopische Frau gießt mit Gießkanne die Baumsetzlinge in der Baumschule von Menschen für Menschen.
In den Baumschulen wachsen Bäumchen zur Aufforstung und auch Obstsetzlinge heran.
Die Früchte verbessern den Speiseplan der Familien und führen zu einem höheren Einkommen. „Wir haben nur einen halben Hektar Land zur Verfügung“, berichtet Bauer Hailu von der Herausforderung, seine Familie erhalten zu können. „Früher habe ich ausschließlich Teff angebaut. Jetzt wachsen hier auch Bananen, Kaffee, Avocado, Papaya und Maniok. Wir haben eine gute Ernte und ich kann stolz sagen, dass wir in nur einem Jahr 200 kg Bananen geerntet haben. Mein Hof ist zu einer richtigen Oase geworden.“ Heute kann Hailu nicht nur die Grundbedürfnisse seiner Familie stillen, sondern den Kindern eine bessere Zukunft bieten – der größte Wunsch eines jeden Vaters.
Äthiopischer Mann zeigt stolz seine Bananenstaude.
200 kg Bananen hat Hailu in nur einem Jahr geerntet. Die Stecklinge werden neben anderen Obstsorten in den Baumschulen von Menschen für Menschen aufgezogen.
In den Baumschulen von Menschen für Menschen wächst die Hoffnung heran. Diese Hoffnung in Form von Setzlingen und Jungbäumen bleibt weiterhin bestehen, wenn die Organisation die Projektregion verlässt. Denn schrittweise übernehmen die Gemeinden oder Kooperativen die Verantwortung für die Versorgung mit Saatgut und Setzlingen. Die Familien beteiligen sich ebenfalls daran, die neu gewonnene Vielfalt zu fördern. „Ich habe Zwergginster in meinem Garten gepflanzt“, erzählt Chaltu, die in der Region Abune Ginde Beret lebt. „Diese Pflanze wird hauptsächlich als Tierfutter verwendet, aber wenn sie blüht, bietet sie auch eine wichtige Nahrungsquelle für Bienen.
Äthiopische Frau mit ihrem Sohn beim sammeln der Samen des Zwergginsters.
Chaltu sammelt Samen des Zwergginsters und verkauft sie unter anderem an Baumschulen zur Aufzucht. Die Pflanze dient als Futtermittel und Nahrungsquelle für Bienen.
„Ich ernte die Samen und verkaufe sie an Baumschulen und in der Gemeinde, damit sie für die Aufzucht von Setzlingen verwendet werden können.“ Chaltu verdient damit ein kleines Zubrot und trägt zum Erhalt der Vielfalt bei. Zewdu, Birke, Hailu und Chaltu tragen alle auf ihre eigene Art dazu bei, die Zukunft ihrer Dörfer und Gemeinden zu verbessern. Ob sie Bäume pflanzen, Bienen füttern, verschiedene Obstsorten anbauen oder Öfen herstellen, die das Leben erleichtern - ihre vermeintlich kleinen Taten haben einen großen Effekt auf die Lebensqualität der Familien. Mit etwas Unterstützung von Menschen für Menschen und mit vereinten Kräften machen sie den Unterschied und sorgen langfristig für eine bessere Zukunft.
Martina Hollauf von Menschen für Menschen

Martina Hollauf

Ihre Ansprechpartnerin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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Tel.: +43 (0)1 58 66 950-16
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Titelseite des Nagaya-Magazins 2/2024, das eine Gruppe Kinder zeigt. Ein Mädchen im Vordergrund lächelt in die Kamera und hebt den Daumen nach oben

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